Mobbing in der virtuellen Welt. So ein bisschen Brot und Spiele oder alles nicht so schlimm?

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Ein paar Gedanken zu Segen und Fluch der Anonymität im Internet und darüber, warum wir als Gesellschaft noch mehr Reife brauchen, um die Möglichkeiten der Onlinewelt voll ausschöpfen zu können.

Im vorigen Jahr gab jeder sechste Schüler an, bereits schon einmal Opfer von Mobbing im Internet gewesen zu sein. Eine Zahl, die bestürzt und die uns zu der Frage bringt, warum „dissen“ eigentlich so toll ist. Meist werden die Opfer ohne jeden Grund diffamiert, belästigt, in Ängste getrieben und manchmal sogar in die Ausweglosigkeit. Das ganze ist aber bei weitem kein Privileg der Kinder und Jugendlichen. Vorrangig bekannt ist uns allen das Mobbing aus der Arbeitswelt. Die Schuld allein im Internet oder in Onlinespielen mit Gewaltpotential zu suchen, wäre allerdings ein bisschen einfach. Denn mittlerweile gibt es eine ganze Unterhaltungsindustrie, die mit dem Spaß am Mobbing sogar Geld verdient.

So betitelte eine deutsche Tageszeitung in dieser Woche die Form der modernen Unterhaltung als „geistige Umweltverschmutzung“. Ein Ausdruck, der mit Sicherheit das Potential zum Unwort des Jahres hätte, nicht heute, nicht in diesem Jahr, aber irgendwann vielleicht einmal. Nämlich dann, wenn der Wandel, den die rasante technische Entwicklung bringt, in den Köpfen der Menschen angekommen sein wird.

Neue Medien vs. Klassische Medien

Bisher scheint es nur wenigen aufzufallen, dass Dinge, die wir im Internet und in den Medien tun oder angetan bekommen, weitreichende Folgen für uns, aber auch für unsere Mitmenschen haben können. NOCH!!! Noch ist das Internet mit all seinen Kanälen ein Ort der Geheimnisse meinen wir. Ein Ort, an dem wir tun und lassen können, was wir wollen. Ungestraft, wie die Mehrheit glaubt. So ist es kein Wunder, dass moderne Medienformate, sogenanntes Realty-TV,  private Onlinesender, Newsblogs, Videos und sogar scheinbar seriöse Nachrichtenformate sich dem aktuellen Trend anpassen. Es wird geschwindelt, provoziert, gelästert, Wahrheit verdreht und „gedisst“, bis am Ende nicht mal mehr die Köche in der Gerüchteküche genau wissen, was nun der Wahrheit entspricht und was nicht. Die Kasse stimmt, denn indem man den vermeintlich Schwächeren vermarktet schafft man ein riesengroßes Haifischbecken, indem jeder gern der Hai wäre und schon deshalb ungeniert um sich beißt. Für die moderne Gesellschaft entstand somit ein neues Problem: das Mobbing, das sich nunmehr viel einfacher gestalten lässt in der virtuellen Welt, als im realen Leben.

Während Eltern und gesellschaftliche Einrichtungen zunehmend versuchen, das Internet der guten Sitten zu propagieren, den Nachwuchs auf Gefahren, auch für sich selbst, aufmerksam zu machen, etabliert sich anderseits eine Lästergesellschaft. Klassische Medien, die es sich aus meist wirtschaftlichen Zwecken zur Hauptaufgabe gemacht haben, Menschen mit Lächerlichkeiten, Boshaftigkeiten und falscher Betroffenheit anzugreifen und zur Schau zu stellen. Allein diese Tatsache stellt eine bisher angenommene Vorbildfunktion klassischer Medien für die Zukunft schon in Frage. Dennoch, auch die Goldgräberstimmung im Internet schlägt langsam um. Cybermobbing ist strafbar. Eine Strafe setzt aber voraus, dass der oder die Täter auch namentlich bekannt sind. Und so wird einerseits der Ruf laut, dass Anonymität und Meinungsfreiheit dort ihre Grenzen haben, wo sie anderen Schaden zufügen, anderseits wehrt sich die Gesellschaft aber vehement gegen Datenspeicherung.

Werden wir unser Internet kaputt regeln müssen?

Welche Möglichkeiten haben wir heute eigentlich den gesellschaftlichen Wandel in der Kultur des menschlichen Miteinanders zu beeinflussen um möglichst umfassend vom technischen Fortschritt zu profitieren? Der Ruf nach Staat und Gesetzen würde dazu führen, dass die Akzeptanz der Onlinewelt abnimmt. Gesellschaftlich und wirtschaftlich aber auch privat beschneiden wir uns damit selbst. Bereits jetzt sind wir in Europa ja schon an Grenzen angelangt, an denen wir genau überlegen, wie viel wir von uns preisgeben wollen und wie viel nicht in der schönen bunten virtuellen Welt. Noch können wir selbst entscheiden, welche Informationen wir zugänglich machen und wer sie erhalten darf. Und das ist auch gut so.

Es ist nicht ausschließlich das Internet mit seiner Anonymität, das Mobbing zum Volkssport macht. Es ist der ungeübte Umgang mit dem Internet und es sind zunehmend klassische Medien, die Mobbing gesellschaftsfähig machen, indem sie in Shows und Reality-Serien stundenlang über ein angepeiltes Opfer herziehen und Fangemeinden dann sogar noch animieren, in sozialen Medien Shitstorms zu organisieren. Hier ist der Schritt vom gesellschaftlich organisierten Mobbing, der Einschaltquoten pushen soll bis hin zum privaten Mobbing im Freundeskreis nur noch sehr klein. Eine Schamgrenze, so es sie denn überhaupt noch gibt bei den Tätern, ist schnell überschritten. Gesetze und auch Regeln für das Internet würden wenig ausrichten, solang Unterhaltungsmedien ungestraft weiter mobben dürfen, aus wirtschaftlichem Interesse versteht sich.

Warum Medien das Mobbing zum Quotenrenner erklärt haben, lässt sich nur erahnen und führt uns abermals in diese Spirale. So ein bisschen Voyeurismus, eine Prise Überlegenheit und das Wissen, dass man nicht gerade selbst Opfer ist, steckt wohl in jedem von uns und aus diesem Grunde verkauft sich das Lästerfernsehen beispielsweise so gut. Die Medien bedienen damit einen Jahrhunderte alten menschlichen Trieb, den nur wir selbst abschaffen können. Wir haben es also selbst  in der Hand, wie frei und offen unsere Onlinewelt von morgen sein wird.

Dominik Fürtbauer

Dominik Fürtbauer

Beschäftigt sich mit dem Thema Social Media Marketing und ist Experte für digitalen Markenaufbau in Social Media Kanälen. Als zertifizierter Social Media Manager verhilft er Unternehmen bei der Strategieentwicklung sowie der Umsetzung von Social Media Kampagnen. In seinen Vorträgen spricht er über den Wandel der Gesellschaft und dem Konsumverhalten der jungen Generation im Internet und warum Unternehmen künftig nicht auf Social Media Marketing verzichten können.

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Am 13. Mai 2015
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